Mbeya

Die Piste oder Unsurfaced road bis Tunduma war bedeutend besser als die nach Kasanga. Aber es staubt halt gewaltig. Die Gegend war nichtssagend und die Unterbrechungen durch Dörfer in denen wir hielten, hielten sich in Grenzen. Wir glaubten schon, die 224 km wären nie zu Ende, da tauchten nach 6 h die ersten Bars von Tunduma auf. In dieser Grenzstadt war jedes Haus eine Bar. Den Eindruck hatten wir, als wir durch den Ort fuhren. Der Aufenthalt war hier etwas länger, weil die menschlichen Bedürfnisse sich meldeten. Das Angebot war natürlich für die schmalen Geldbeutel der Afrikaner bestimmt, so fanden auch wir eine brauchbare Mahlzeit.
Nach einer halben Stunde fuhr der Bus wieder los. Die befestigte Straße war nicht sehr breit, aber eben und so bewältigten wir die 116 km in zwei Stunden ohne nenenswerte Zwischenfälle. Wir erreichten gegen 14:00 Mbeya, eine der jüngsten Städte Tansanias. Sie war von deutschen Siedlern gegründet wurden. Viele der Vorfahren der heute hier lebenden 160000 Einwohner waren in den zwanziger Jahren durch den Goldrausch in Chunya hier her gekommen. Durch ihn entwickelte sich Mbejahof, wie es ursprünglich hieß, zu einem bedeutenden Zentrum der Farmer dieser Gegend.
Diese acht Stunden Fahrt unter beengten Verhältnissen hatten uns ganz schön geschlaucht. Unsere Hauptsorge galt nun unserem Gepäck. Wir saßen ganz hinten im Bus und unter uns wurde das Gepäck aus den dafür vorgesehenen Räumen gezerrt. Wo waren unsere Rucksäcke? Es dauerte etwa 10 Minuten, bis wir vor dem ausgeladenen Gepäck standen. Alle Stücke waren komplett braun vom Staub der Landstraße. Die Schicht war mindestens 1mm dick und nur an der Form konnte man sein Gepäck erkennen. Wir hatten Glück, für unseres hatte sich noch niemand interessiert. Doch ich denke, das gehört zur Regel. Wir entstaubten die Säcke, hingen sie uns über und marschierten los. Den Bus umstand, wie gewöhnlich, ein ganzes Heer von Stadtführern und Gepäckträgern. Diesen zu entkommen, war nicht immer leicht. Es glückte uns auch dieses Mal. Der Stadtplan unseres Reiseführers zeigt uns den Weg ins Zentrum, wo das von uns ausgesuchte Hotel lag. Die Straße vom Busbahnhof führte leicht bergan. Es gab wenig Wohnhäuser und keine Geschäfte. Wir kamen an eine auf dem Hügel liegende Straßenkreuzung. Links ging es abwärts ins Geschäftszentrum. Hier pulsierte das Leben in Form von Straßenhandel, Geschäften und Restaurants. Unsere Füße trugen uns sofort in das nächste Lokal. Nach dieser langen Reise wollten wir einen oder zwei Tee trinken und etwas essen. Hier hatte man schon öfter Europäer gesehen und wir fanden Verständnis für unsere Wünsche nach chai yai rangi, bila sukari. Wir bestellten Bratkartoffeln mit Rürei. Da kann man wenig falsch machen. Es schmeckte immer. Allerdings sollte man sich nicht bemühen zu erkunden, wo und wie die Speisen zubereitet werden. Das ist nichts für mitteleuropäische Gemüter. Wir jedenfalls sind von afrikanisch zubereiteten Speisen nicht krank geworden. Möglicherweise liegt das auch in dem Vertrauen, welches wir dem Küchenpersonal entgegengebracht haben.
Wir waren noch beim Essen, als der Honighändler erschien. Unsere Vorräte von unserem österreichischen Freund Rupert, der in Uganda als Entwicklungshelfer tätig ist, neigten sich ihrem Ende entgegen. Wir ließen uns für ein paar Groschen unser Glas auffüllen. Es war Honig mit ganzen Bienen. Eine ganz spezielle Zubereitungsart von Mbeya.
Wir waren fertig geworden und wollten eben gehen, da betrat ein weiterer Europäer das Lokal. Wir kamen ins Gespräch. Er war Engländer und mit dem Fahrrad unterwegs. Trotzdem legte er viele Strecken mit öffentlichen Verkehrsmitteln zurück, was aber bei seiner tour verständlich war. Er war nach Malawi geflogen und wollte nach Norden um den Victoriasee westlich zu umfahren. Von Uganda aus wollte er über Nairobi, Mombasa und Dar Es Salam nach Sansibar. Sein Rückflug ging am 2. Mai von Malawi. Wir beneideten ihn. Wer bekommt schon von seinem Chef 4 Monate frei?!
Wir hatten uns, entgegen unserer sonstigen Gepflogenheit, für ein Hotel der gehobeneren Preisklasse entschieden. Die Unterkünfte der letzten Woche waren alle recht einfach gewesen und unser Bedarf nach einer vernünftigen Dusche war gestiegen. Nach der Beschreibung unsere guides schien das Mbeya Peak Hotel unsere Vorstellungen zu erfüllen. Wir fragten uns zu ihm durch und standen dann in einer Seitenstraße vor dem beeindruckenden Ensemble. Allerdings hatte am Gebäude der Zahn der Zeit schon genagt, sowohl äußerlich, als auch innerlich. Das Gebäude ist sehr großzügig angelegt, Platzangst bekommt man hier sicher nicht. Der Unterschied dieser in der Zivilisation liegenden Unterkünfte zu den einfacheren drückt sich nicht nur im höheren Preis und dem warmen Wasser im Bad aus, hier fanden wir reichlich Kakerlaken, die Tiere die überall auf der Welt die Wärme der Heizungsrohre bevorzugen. Die afrikanischen Vertreter sind entsprechend größer als ihre europäischen Verwandten, was ihrer Possierlichkeit nicht schadet. Der Blick aus unserem Fenster lohnte sich. Unmittelbar vor uns war ein zum Hotel gehörender Park angelegt wurden unter dessen schattenspendenden Bäumen gut die glut des Tages überstehen konnte. Am Horizont zeichneten sich die Mbeya-Berge ab. Mit Gipfeln von 2462 m, 2656 m und 2818 m verlockt dieser Höhenzug zu ausgedehnten Wandertouren.
Nach einem ausgedehnten Mittagsschlaf machten wir uns auf, die Stadt zu erkunden und Geld zu besorgen. Im Foyer hatten chinesische Händler ihre Wahren ausgebreitet, die unter den Afrikanern reges Interesse weckten. Auf uns aber den Eindruck einer zwei Groschen Losbude machten. Wir gingen in die Stadt, uns plagte chronischer Geldmangel. Es gab zwar mehrere Banken, aber nur eine auf der man Devisen tauschen konnte. Völlig problemlos, nach Ausfüllung diverser Formulare, konnten wir Tsh kaufen. Auf dem Rückweg lenkten wir unsere Schritte über den Markt der Stadt. Hier gab es ausschließlich feste überdachte Stände. Dies war ein Zugeständnis, welches man der Niederschlagshäufigkeit dieser Gegend gemacht hatte. Im Trockenen behielten die Waren länger ihre Qualität. Dies war vor allem für die angebotenen Industriewaren notwendig. Durch sie unterschied sich der Markt von Mbeya von den Märkten in den kleinen Orten. Eine Besonderheit entdeckte Andreas. An einer Marktbude wurden kleine Papiertütchen unbekannten Inhalts verkauft. Die Käufer steckten sich den Inhalt in den Mund. Skeptisch betrachteten wir unseren Kauf. In der Tüte bewegte sich nichts. Das war ein gutes Zeichen. Ich steckte mir solch ein Teil von der Größe eines Getreidekorns in den Mund und biß mutig zu. Es schmeckte salzig. Diese afrikanische Variante von gesalzenen Erdnüssen hatte mit diesen aber nur das Salz gemein. Die Grundsubstanz hier waren achtfüßige geröstete Tierchen. Sie ließen sich gut knabbern und da sie tot waren stellten sie auch keine Gefahr dar. Aber Andreas warf unseren Kauf, für den wir 15 Tsh bezahlt hatten, einfach weg.
In einer angrenzenden Straße gab es ein Geschäft, welches elektronische Dienste anbot. Leider hatten wir keine E-mail Adresse dabei. Im Kaffe um die Ecke ließen wir uns einen Tee servieren und schrieben die ersten Ansichtskarten, die wir gesehen hatten. Am Nachbartisch waren Dienstreisende aus Osteuropa. Während der ältere der beiden Männer, sicher der Chef der, sich in seine Notizen vertiefte, versuchte der jüngere mehr Land und Leute kennen zu lernen. Er fing mit ihrer Dolmetscherin an, und das sehr intensiv.
Nach dem Abendessen im Hotel, das Restaurant war zu unrecht empfohlen wurden, suchten wir nach dem Nachtleben von Mbeya. Mit ohne Erfolg. Schließlich landeten wir in einem indischen Nachtclub. Patron und Patronin saßen etwas erhöht hinter der Tresen und beobachteten den Müßiggang ihrer drei Kellner. Wir waren die einzigen Gäste und damit der ungeteilten Aufmerksamkeit sicher. Das muß nicht unbedingt vom Vorteil sein. Unser persönlicher Kellner schenkte, kaum hatten wir einen Schluck getrunken, nach und fragte ob er noch eine Flasche öffnen sollte. Das war uns zu viel Aufmerksamkeit.
Am nächsten Tag, dem Dienstag fuhr ein Zug nach Dar Es Salam. Die Bahnstation der Ta-Sa-Rail war 4 km vor der Stadt, aber in Mbeya war ein Verkaufsbüro. Die Kaufhandlung verlief sehr zügig und ohne die Probleme, wie wir sie bei der Zentralafrikanischen Bahn kennengelernt hatten. Der Zug fuhr erst 16:00, so hatten wir mehr Zeit als uns lieb war, denn 11:00 mußten wir unser Zimmer räumen. Der junge Mann an der Rezeption bewahrte aber unsere Rucksäcke bis zu unserer abreise auf.
Unser Spaziergang führte uns zum Kleidermarkt. Hier konnte man all die Sachen kaufen, welche in Deutschland in den Sammelbehälter des Roten Kreuzes geworfen wurden. Mit dieser Praxis, den deutschen Müll in Afrika zu verkaufen, vernichten wir dort nicht nur Arbeitsplätze, wir nehmen ihnen auch noch von dem wenigen Geld was sie haben einiges ab um dann für Pfennige Bananen zu kaufen.
In einer Pizzaria, in der auch die angestellten der umliegende Geschäfte, Banken und des Krankenhauses ihren Hungere stillten, verabschiedeten wir uns mit einem ordentlichen Mittagessen von Mbeya. In der Hitze des Tages sind solche warmen Speisen sicher nicht ideal, aber wir wußten nicht, was uns im Zug heute abend erwarten würde.
Ein Taxi brachte uns zum Bahnhof. Der Zug stand schon da, aber keiner durfte hin. Wir mußten in der großen Bahnhofshalle warten, bis der Stationsvorsteher es als an der Zeit fand, uns einsteigen zu lassen. Das betraf natürlich nicht nur uns beide, mit uns harrten in der Halle 300 Afrikaner aus. Eine halbe Stunde vor der Abfahrt wurde endlich die Tür geöffnet und wir konnten nach der Kontrolle unserer Fahrkarten unser Abteil aufsuchen.