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Reisebericht
1. Tag |
Dienstag, 09.07.96 |
Flug |
Anreise: Leipzig - Frankfurt - Chicago - Salt Lake City, Utah
Diesmal sind wir zu viert unterwegs. Gudruns langjährige Freundin Petra fand unsere Reisepläne so gut,
dass sie sich uns angeschlossen hat. Alle Vorbereitungen sind abgeschlossen. Die Koffer stehen prall gepackt bereit.
Es geht los. Unser Nachbar, Herr Seidel hat sich bereit erklärt, uns mit unserem Auto zum Flughafen zu fahren.
Petra ist auch schon da und so steigen wir ein. Auf der Autobahn gibt es einen kleineren Stau, aber das macht uns
überhaupt nichts aus, weil wir sowieso viel zu früh da sind. Das Wetter ist inzwischen von grau und trüb
zu Nieselregen übergegangen. Da fällt uns der Abschied nicht schwer.
Wir lassen ein verregnetes Leipzig hinter uns und kommen bei Sonnenschein in Frankfurt an. Ein schönes Gewühl
herrscht auf dem Frankfurter Flughafen. Nach ein wenig Suchen finden wir sogar das Gate für unseren Weiterflug. Den
"Check In" mit deutschsprachigen amerikanischen Sicherheitspersonal (Blue Line) bestehen wir erfolgreich und
dürfen anschließend eine Boeing 747 besteigen - einen Riesenvogel mit 2 Etagen. In der Economie-Class an den
Fenstern sind jeweils 3 und in der Mitte 4 Sitzplätze; dort stehen die Sitzreihen etwas weiter auseinander.
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Grönland |
Der Start erfolgt mit 20 min Verspätung um 14:10 Uhr. Bei einem so langen Flug ist man für jede Abwechslung
dankbar. Im unendlichen Blau des Atlantiks werden auf einmal weiße Flecke sichtbar. Es sind Treibeisschollen. Dann
sehen wir auch schon Grönland. Eis- und schneebedeckte Berge, soweit man schauen kann. Ein faszinierendes Bild. Gegen
6.00 pm Ortszeit landen wir in Chicago.
In Leipzig ist es inzwischen 23.00 Uhr – 7 Stunden gewonnen. Die Sonne scheint, es ist sehr warm. Die Einreiseformalitäten
für 418 Passagiere dauern ziemlich lange. Dann sehen wir unser Gepäck kurz mal wieder. Nach Vorzeigen beim Zoll ist
es auf einem Transportband aber gleich wieder verschwunden. Frankfurt war schon groß, aber das hier ist eine Stadt
für sich. Wir fahren mit dem Airport-Shuttle, eine Art führerlose S-Bahn, vom Internationalen Terminal über
Terminal 3 und 2 nach Terminal 1. Auf einem 500 m langen Laufband geht es dann weiter zum Gate C 22.
Mit einer B737 (126 Passagiere) fliegen wir 18.45 Uhr weiter nach Salt Lake City, der Hauptstadt von Utah. Die Stuardessen
begrüßen alle freundlich und wir suchen unsere Sitze. In der Kabine riecht es penetrant nach Essen. In dem Netz
der Vorderlehne steckt außer der normalen Werbung noch eine Diskette. AOL vergibt kostenlos die Zugangssoftware zu seinem
Netz. Die Triebwerke heulen, es drückt uns in die Polster und schon sind wir wieder oben. Der 3. Start heute. Wenn auf dem
Transatlantikflug ab und zu noch ein paar deutsche Worte zu hören waren, hier nicht mehr. Manchmal verstehe ich sogar etwas
von dem, was Stuardess oder Pilot sagen. Das Land unter uns sieht genauso aus, wie ich es von der Karte kenne: flach, mit allen
möglichen landwirtschaftlichen Nutzpflanzen bebaut und von den rechtwinklig zueinander angelegten Straßen in Vierecke
zerteilt. Ziemlich eintönig anzublicken. Das macht richtig müde und so schlafe ich ein wenig.
Als ich wieder wach werde, wird gerade damit begonnen, das Menü zu verteilen. Es schmeckt so leidlich. Das Essen hat 2
Funktionen: es soll satt machen und die Langeweile verkürzen. Die Uhren müssen auch wieder mal verstellt werden. Wir
überfliegen die Grenze von der Central-Time zur Mountain-Time. Die Landschaft unter uns hat sich inzwischen völlig
verändert. Ein Berg am anderen und durch die Täler winden sich die Straßen. Aus 10.000 m Höhe sehen die Berge
kahl aus und das Bild erinnert an einen gigantischen Braunkohlentagebau. Das müssen die Rocky Mountains sein. Da kann es
doch nicht mehr so weit sein. Es dauert jedoch noch geraume Zeit, bis wir die letzte Bergkette überquert haben. Vor uns liegt
eine Ebene, die bis zum Horizont reicht. Der Pilot wechselt den Kurs von West nach Süd und leitet den Sinkflug ein. Wir
fliegen immer an der Bergkette entlang. Im letzten Tageslicht versuche ich Einzelheiten zu erkennen. Da ist eine breite Straße
in Nord-Süd Richtung: das muss die Interstate No. 15 sein. Und rechts vor uns spiegelt sich ein riesiger See im Dämmerlicht:
sicher der Salt Lake. Dann fliegen wir über ein gewaltiges Häusermeer. Diese Stadt soll nur 200 000 Einwohner haben? Da
ist auch unser Airport. Dort landet eine Maschine nach der anderen. Weil wir eine Schleife fliegen, können wir drei Flugzeuge
im Landeanflug erkennen. Doch dann sind wir dran. Ganz flach pfeifen wir über die Häuser, ein kurzes Ruckeln und dann
rollt unser Flieger zum Gateway.
Es ist kurz nach 21:00 Uhr Ortszeit. Immer wieder erstaunlich finde ich, dass fast jeder Flug zu spät startet und doch
pünktlich ankommt. Auch unser Gepäck ist da, nur etwas angeschlagen. Unser Hotel hat eine 800er Telefon-Nummer. Da
können wir vom Airport kostenlos anrufen, um den Shuttle zum Abholen zu bestellen. 23.00 Uhr sind wir dann todmüde im
Hotel "Comfort Inn". Dieser Tag hatte 36 Stunden für uns. Es ist immer noch sehr warm, wir nehmen die Klimaanlage
in Betrieb.
2.Tag |
Mittwoch, 10.07.96 |
146 Meilen |
Salt Lake City - Garden City / Bear Lake
Nachdem ich die halbe Nacht wegen der lauten Klimaanlage wach war, bin ich froh, endlich gegen 7:00 Uhr aufstehen zu
können. Draußen beginnt ein herrlicher Tag: Sonne pur. Nach und nach kommen auch die anderen hoch und versuchen
sich an den ungewohnten Badarmaturen. Als alle fertig sind, gehen wir zum Frühstück.
Die erste Erfahrung: hier wird platziert. Wir werden an einen Tisch geleitet und gefragt, ob er uns recht sei. Darauf bekommt
jeder seine "Menu" und eine Karaffe Wasser mit Eiswürfeln kommt auf den Tisch. Außerdem werden wir gefragt,
ob wir Kaffee trinken. Wenn ja, wird eine große Tasse auf den Platz gestellt und bis zum Abwinken immer wieder nachgefüllt.
Wir sind auf das schlimmste gefasst, aber so schlecht, wie der amerikanische Kaffee immer wieder gemacht wird, schmeckt er nicht.
Inzwischen suchen wir aus der Speisekarte ein Menü heraus und denken, dass es damit erledigt ist. Zuerst möchte die nette
Kellnerin wissen, was dazu gebraten werden soll: Ham, Sausage or Bacon? Wie soll das Ei gebraten sein: normal, over or scrambled?
Wir überstehen auch das und dann endlich, als wir fast am verhungern sind, kommt das Essen: Schinken, Rühr-Ei & Hash
Browns (geraspelte Kartoffeln, gebraten), dazu noch jede Menge Toast, Butter, Marmelade und, und, und. Am Ende stehen wir auf wie
gemästet und sind um 26.- $ (für alle) ärmer.
Die nächste Aufgabe, die vor uns steht, ist der Kontakt zu "Cruise America" wegen des Transfers zur Vermietstation.
Ich versuche, die Hotelreception einzuspannen, aber die sind der Meinung, das können Sie nicht machen. Sie zeigen mir Ihr
Servicetelefon, mit dem ich selbst anrufen soll. Damit kriege ich jedoch keine Verbindung. Nach mehrmaliger Nachfrage, dann bei
einer anderen Angestellten, bekomme ich die Auskunft, an dem Telefon können keine Freinummern (0800) angerufen werden. Ich
sollte eine Telefonzelle draußen um die Ecke benutzen. Wir umrunden zweimal den Hotelkomplex, finden aber kein Telefon.
Zurück in unserem Zimmer, versuche ich es mit allen möglichen Vorwahlkombinationen. Dann, vielleicht nach dem achten
Fehlversuch eine Stimme am anderen Ende: Cruise America. Ich trage mein Anliegen vor, sage meinen Namen. Dem ganzen Dialog, der
sich nun entwickelt, entnehme ich zwei Schlüsselwörter: Yellow cab und ten'o clock. Wir packen unser Gepäck auf
einen Wagen, setzen uns in die Hotelhalle und hoffen, dass uns 10:00 Uhr ein gelbes Taxi abholt. Und siehe da, es geschehen noch
Wunder. Ein Taxi kommt und es ist sogar für uns. Sogar unsere Unmenge Gepäck passt in den Kofferraum. Unterwegs unterhalte
ich mich ein wenig mit dem Taxifahrer, wenn er gerade mal nicht mit Sprechfunk oder Handy zu tun hat. Ich erzähle ihm, wo wir
hinwollen und er empfiehlt uns einen Campingplatz am Bear Lake.
Gegen 10:30 Uhr biegen wir ein in den Hof der Vermietstation. Es sieht richtig gut aus hier. Eine Menge riesiger Wohnmobile stehen
rum und warten auf ihre Mieter. Im Office fällt mir ein Stein vom Herzen. Der nette junge Mann, der mir das RV übergeben
wird, spricht Deutsch. Dadurch geht natürlich alles reibungslos. Nach meinen Erfahrungen mit Wohnmobilen in Europa bin ich echt
erstaunt, welchen Komfort dieses Gefährt enthält. Ich bekomme jedes Detail erklärt, aber so richtig merkt man doch
erst in der Praxis, wie was geht. Ich muss einige Verträge unterschreiben, eine stattliche Summe (695.-$) auf den Tisch
blättern (zum Glück mit "Visa") und nach einer kurzen Wartezeit bekomme ich den Schlüssel überreicht.
Wir können unser Heim für die nächsten 3 Wochen beziehen. Noch liegen wir gut im Zeitplan, es ist erst 11:30 Uhr.
Meine Freude war jedoch zu früh. Jetzt wird erstmal geputzt und alles Gepäck und die Ausrüstung gründlich
verstaut. Andere Mieter, die Ihre Schlüssel viel später hatten, als wir, sind schon lange weg. So kann ich in Ruhe das
Panorama der Berge hinter der Stadt genießen. Irgendwann sind die Damen dann doch fertig und ich stürze mich ins
Großstadtgetümmel. Der freundliche Mensch von der Übergabe hat uns noch gesagt, wo die nächste Tankstelle und
ein preiswerter Supermarkt liegen. Die Tankstelle brauchen wir deshalb gleich, weil das Fahrzeug mit leerem Tank übernommen
wird und mit möglichst leerem Tank wieder abgegeben wird. Dass die Tipps sehr gut waren, können wir später erst so
richtig beurteilen.
An der Tankstelle fahren wir erstmal vorbei, weil ich die Abbiegespur übersehen habe. Also weiter, wenden und zurück.
Ich stehe an der Zapfsäule. Alles geht in Selbstbedienung. Zuerst will das Gerät mal eine Credit-Card sehen, doch bis
dann Benzin fließt, sind noch einige Versuche mit Hebeln und Knöpfen nötig. 30,5 Gallonen gehen in den Tank. Das
hört sich ganz normal an, sind aber 116 Liter. Nun zum Supermarkt, etwa 1 Meile von hier. Ein Riesenbau, der Parkplatz fast
leer. Ich hole mit Dirk die Getränke, die Damen die Esswaren. Drinnen ist alles wunderbar klimatisiert, leise Musik spielt
und in den Regalen ist eine unüberschaubare Fülle unbekannter Produkte aufgestapelt. Nach einer halben Stunde stehen wir
mit Saft, Wasser, Bier, Milch und allem, was sonst noch gegen Durst hilft, an der Kasse. Wie bei uns wird alles auf das Band gelegt,
aber am Ende steht ein Angestellter, der die Waren in Plastiktüten steckt. Bezahlt wird natürlich mit "Visa".
Als wir zum RV kommen, ist eine brütende Hitze drinnen. Wir werfen den Generator an und starten die Klimaanlage. Zum Glück
haben wir gekühlte Getränke gekauft, denn der Kühlschrank ist noch nicht auf Solltemperatur. Nachdem alles verstaut
ist, sehen wir uns nach den Damen um. Weit und breit keine Spur. Im Markt finden wir sie beim Suchen und Preise vergleichen in der
Vielfalt der Produkte. Offensichtlich sind die geringen Englischkenntnisse doch ein Handicap. Wie sich später herausstellte,
ging auch einiges daneben. Nachdem auch das noch verstaut ist und einem kurzen Imbiss kann der Urlaub nun so richtig beginnen.
Gegen 15:30 Uhr starten wir auf der geplanten Route. Zuerst zur Auffahrt 304 der Interstate I 15. Die ist gleich in der Nähe.
Drei, vier Ampeln und schon fädeln wir uns in den Verkehrsstrom ein. Da inzwischen "Rushhour" ist, sind beide Spuren
satt gefüllt. Ab und zu mal ein kurzes Stocken, aber keine richtigen Staus. Da die I 15 durch die Mitte der City führt und
als Hochstraße angelegt ist, gibt das einen herrlichen Überblick über die Stadt. Nur für mich nicht so richtig.
Ich habe beide Hände voll zu tun, bin noch in der Gewöhnungsphase. Dieses Mobil ist etwas größer, als alles,
was ich bisher gefahren habe.
Nach 48 mi verlassen wir die Interstate und fahren auf Nebenstraßen zu einem Campingplatz am Salt Lake, weil wir unbedingt mal
die Salzkruste von nahem sehen wollen. Der Platz, Willard Bay State Park, ist nur durch einen Damm vom See getrennt, verfügt
über Wasserleitung, Toiletten, asphaltierte Stellplätze und eine Bootsrampe. Der weiträumige Platz ist von hohen
Bäumen beschattet. Er wird in Selbstbedienung verwaltet, wie die meisten "Public"-Plätze. Man sucht sich einen
nummerierten Stellplatz, füllt ein bereitliegendes Formular aus und steckt es mit dem geforderten geringen Geldbetrag in einen
Briefkasten. Aller paar Tage kommt dann mal jemand kontrollieren und Geld einsammeln. Dem See sieht man es nicht an, dass er ein
Salzsee ist. Groß und weit ist die Wasserfläche und in der Ferne sind Wasserskiläufer zu sehen. Das Ufer ist mit
großen Granitblöcken befestigt und so nicht der ideale Badestrand. Deshalb verzichten wir auch auf das Baden und vertreten
uns nur bei einem Rundgang über den Platz die Füße. Dann geht's weiter, zunächst auf der I 15 entlang einer
Bergkette, den Wasatch Mountains und dann auf der US 89 hinein in die Berge. Die Straße schlängelt sich durch
Gebirgstäler und ist dadurch sehr kurvenreich. Dementsprechend ist auch die vorgeschriebene Geschwindigkeit, auf der Geraden
meist nur 45 mi, vor jeder Kurve 35 mi oder weniger. Wir kommen voran wie die Schnecken. Als ich während einer kurzen Pause
mal auf die Karte schaue, wird mir richtig angst. Mein Routenplan scheint nur noch Makulatur zu sein. Ich habe die Differenz zwischen
Kilometer und Meile nicht ernst genug genommen. Wir werden wahrscheinlich nur die Hälfte der geplanten Strecke schaffen. Was
hilft es: Zähne zusammenbeißen und weiter, bergauf-bergab, Rechtskurve-Linkskurve durch eine malerische Gegend. Dass so
etwas für Amerika gar nicht so selbstverständlich ist, merken wir erst später, als wir die öden Wüstengebiete
Nevadas und Colorados durchqueren. Dann endlich haben wir die letzte Passhöhe erklommen und vor uns liegt im Schein der
untergehenden Sonne der Bear Lake. Wie fast überall in den USA ist an schönen Aussichtspunkten auch hier ein Parkplatz
angelegt. Wir genießen den Ausblick und sehen Garden City schon zu unseren Füßen liegen.
Das letzte Stück ist ein Katzensprung. Wir durchqueren den ganzen Ort, aber den vom Taxidriver empfohlenen Platz finden wir
nicht.
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KOA-Place in Garden City |
Da nehmen wir eben den KOA-Platz. Im Schein der untergehenden Sonne kommen wir an und nun beginnt das erste Einchecken.
Dirk kommt zur Hilfe mit. Die Rezeption des KOA-Platzes befindet sich in einem kleinen "Supermarket", der zum Platz
gehört. Ich buche für eine Nacht und erwerbe gleich noch eine KOA-Card. Die Leute hier sprechen einen fürchterlichen
Slang und ich kann sie kaum verstehen. Was ich möchte, wissen sie immer, - nur ich weiß nicht, was sie von mir wollen.
Am Ende klappt aber doch alles und wir bekommen einen Plan vom Platz und darauf angekreuzt unseren nummerierten Stellplatz. Jeder
Stellplatz hat eine Säule mit Wasser- und Stromanschluss, einen Abwasseranschluss, einen Tisch mit zwei Bänken und einen
Fleck fürs Lagerfeuer. Nachdem mit Dirks Hilfe alle Leitungen angeschlossen sind, probiere ich die Bank aus und genieße
ein "Budweiser". Dann machen wir im Dunkeln eine Platzbesichtigung. Für nur 23.-$ pro Nacht ist der Platz erstaunlich
gut ausgerüstet: Pool, Spielplatz, Waschsalon, Wasch- und Duschräume, Minigolf, Fahrradverleih, RV-Entsorgungsstation und
Lebensmittelverkauf. Außen gibt es noch eine Tankstelle, RV-Waschanlage und Propanfüllstation. Nach dem Abendessen und
Duschen werden die Betten gebaut und wir schlafen ein mit vielen schönen Erinnerungen.
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