Peking oder Bejing

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Peking, 1. Tag

05.05.01
Schon nach 2 Stunden werden wir wieder geweckt, weil es bereits 4:00 Pekinger Zeit ist. Höchste Zeit, die Uhr um 6 Stunden zurückzustellen. Unter uns liegt schon China. Gegen 6:05 sollen wir landen. Alle werden langsam wach und es gibt ein gutes Frühstück. Als es draußen hell wird und der Dunst sich verzogen hat, erkennen wir unter uns ein Stück der großen Mauer. Die Natur ist sehr trocken, aber wo das Gelände einigermaßen eben ist, wird Landwirtschaft betrieben. Alles wirkt sehr sauber und aufgeräumt. Auf die Minute genau setzen wir auf dem neuen Pekinger Airport auf. Er ist erst seit einem halben Jahr in Betrieb und wirkt riesig und etwas überdimensioniert für die wenigen Passagiere zu dieser frühen Stunde. Er wurde aber für die Olympiade 2008 gebaut und dann ist diese Größe sicher nötig.
An einigen Ecken stehen Uniformierte und leiten die Leute in die richtige Richtung. Obwohl bei der Einreise etwa 10 Schalter mit der Passkontrolle beschäftigt sind, bilden sich Schlangen. Kurz nach uns ist noch eine Maschine aus Singapur gelandet und 700 Menschen abfertigen dauert eben. Der erste Kontakt mit der chinesischen Staatsmacht verläuft korrekt und freundlich. Dann sind wir durch und holen unsere Koffer vom Band.
In der Vorhalle werden viele der Ankommenden von Betreuern abgeholt. So auch wir: unser örtlicher Reiseleiter hält ein Schild "Kiwi-Tours" hoch und wir gesellen uns zu ihm. Nachdem alle 20 Personen unserer Gruppe da sind, rollen wir die Koffer zu einem Lieferwagen, welcher sie ins Hotel bringt. Wir steigen mit dem Handgepäck in einen schönen Reisebus und fahren bei Sonnenschein die 30 km ins Zentrum der Hauptstadt. Auf der Fahrt erzählt uns Herr Li, unser Betreuer, in sehr gutem Deutsch einiges zu Land und Leuten und der Stadt. Ins Hotel können wir erst nach Mittag und so beginnt gleich die Besichtigung der Stadt.
Das erste Ziel ist der "Platz des himmlischen Friedens". Er ist riesig (es soll der größte Platz der Welt sein) und an jeder Seite steht ein bedeutendes Bauwerk. Im Norden befindet sich ein tempelähnliches Gebäude, der Eingang zum Kaiserpalast. Über dem Tor prangt ein riesiges Mao-Bild. Die Ostseite wird geprägt vom Haus des Volkskongresses, wo einmal im Jahr das Parlament tagt und gegenüber befindet sich das historische Museum. Die Südseite nimmt das Mao-Mausoleum ein und in der Mitte des Platzes steht eine große Säule für die Helden der Revolution. Das beendruckendste sind jedoch die Menschen. Mehrere tausend befinden sich auf dem Platz und geben dem Ganzen eine Art Volksfestcharakter, obwohl überhaupt nichts besonders geboten wird. In kleinen oder größeren Gruppen unterhalten sie sich, fotografieren sich gegenseitig und sind richtig fröhlich. Es ist wie Feiertag. (Bilder) Herr Li meint, weil viele Leute die restlichen Tage in der Woche des 1. Mai frei bekommen haben, nutzen sie die Gelegenheit und besuchen ihre Hauptstadt. So sind zusätzlich zu den 12 Mill. Einwohnern noch mehrere Millionen Gäste in der Stadt. Ein Besuch seiner Hauptstadt sei für einen Chinesen wie für einen Moslem der Besuch von Mekka.
Als wir genug gesehen haben, fahren wir weiter zum "Tempel des Himmels". Es ist eine riesige Anlage mit vielen reich verzierten Bauwerken, in der früher nur der Kaiser mit seinem Gefolge zweimal im Jahr zu den Sonnenwenden Zeremonien abhielt, um die Götter günstig zu stimmen.
Dann geht es zum Mittagessen in ein gutes Restaurant im Stadtzentrum. Unsere Gruppe sitzt an 2 großen, runden Tischen. In der Mitte jedes Tisches befindet sich eine drehbare Scheibe, auf der die vielen Teller mit den verschiedenen Speisen abgestellt werden. An jedem Platz steht ein kleine Teller, ein Teetasse, ein Glas, eine Suppenschüssel und ein Paar Stäbchen. Auf Wunsch bekommt jeder noch eine Gabel. Die meisten benutzen sie jedoch nur, um von der Mitte des Tisches die leckeren Sachen auf den eigenen Teller zu holen. Gegessen wird mit den Stäbchen. Am Anfang geht es nicht so besonders, aber mit der Zeit bekommen wir den Bogen raus.
Danach fahren wir zu unserem Hotel, dem "New World Courtyard", um einzuchecken. Es ist ein internationales Hotel mit super Service und allem Komfort. Im Katalog ist es mit 5 Sternen ausgewiesen. An der Reception wird Geld aller konvertierbaren Währungen zu einem im ganzen Lande gültigen Kurs gewechselt. Das Hotelzimmer lässt keine Wünsche offen. Sogar einen Wasserkocher und Teebeutel oder Kaffee gibt es umsonst.
Nachdem wir uns etwas frisch gemacht haben, gehen wir auf Shopping-Tour. Direkt vom Hotel geht ein Durchgang in ein Kaufhaus. Das besteht aus mehreren Galerien, in denen viele kleine Boutiquen untergebracht sind. Auf der unteren Ebene befindet sich eine Eislauffläche, die auch rege genutzt wird. Draußen auf der Straße herrscht ein tolles Gewühl. Es sind sehr viele Menschen unterwegs und auch der Verkehr ist außerordentlich dicht. In jeder Fahrtrichtung gibt es drei Spuren für Fahrzeuge und am Rand auf jeder Seite noch mal ein Spur für Radfahrer. An einigen zentralen Punkten befinden sich bewachte Fahrrad-Parkplätze, auf denen tagsüber tausende Räder abgestellt sind.
Die Menschen auf der Straße gehen alle sehr modisch gekleidet, vor allen die jungen Leute. Aber selbst die älteren haben keine Mao-Uniform mehr an. Die Zeiten sind vorbei, zumindest in der Großstadt.

Peking, 2. Tag

06.05.01
Wegen der Zeitverschiebung viel zu früh klingelt das Telefon, um uns zu wecken. 7:30 sind wir im Restaurant zum Frühstück. Es gibt alles, was das Herz begehrt und was wir gewohnt sind. Die meisten Gäste sind Ausländer und denen ist das angepasst. Die Bedienung ist sehr zuvorkommend. 8:30 steht der Bus vor der Tür. Das es inzwischen angefangen hat zu regnen, trübt die Stimmung etwas.
Wir fahren wenige Minuten bis zur "Verbotenen Stadt". Die ganze Anlage ist von einer 10 m hohen Mauer umgeben. Wir benutzen am "Mittagstor" den Eingang für militärische Beamte. Über einen riesigen Hof gelangen wir zur "Halle der vollendeten Harmonie". Hier hielt der Kaiser früher die Regierungsgeschäfte ab. Weiter sehen wir die Halle, in der die Beamten früher Prüfungen ablegen mussten, den Wohnpalast der Kaiserin und die Häuser der Konkubinen. Eine Ausstellung chinesischen Porzellans zeigt erlesene Stücke. Als das hergestellt wurde, sind die Germanen wahrscheinlich als Jäger und Sammler durch den Wald gezogen. Als letztes sehen wir im kaiserlichen Garten vollendete Gartenbaukunst.
Anschließend fahren wir in das Zentrum von Peking in ein nobles Restaurant. Wieder sind für uns große, runde Tische reserviert. Zuerst wird eine Schale mit Tee gefüllt und wer will, bekommt ein Glas Bier, welches bei Bedarf immer wieder nachgeschenkt wird. Nach und nach wird die große Drehplatte in der Mitte des Tisches mit den verschiedenen Speisen belegt. Wir wissen zwar nicht immer, was es ist, aber gekostet wird von jeder Speise mal. Heute geht es auch schon mit den Stäbchen viel besser, obwohl die Kellnerinnen sich kaum das Lachen verkneifen können, wenn sie uns zusehen. Das einzige, was sie hier nicht zubereiten können, sind Pommes frites.
Nach dem Essen fahren wir 15 km zum "Kaiserlichen Sommerpalast". Auf dem Weg dahin machen wir an einer Perlenzuchtstation halt. Es sind Süßwasserperlen, die besonders schön glänzen. Sie werden in dem Stausee des Sommerpalastes gezüchtet. In der Verkaufsausstellung sind wunderschöne Ketten zu bewundern: Die schönsten Perlen sind anthrazitfarbig und haben einen Durchmesser von fast 10 mm. Der Peis ist allerdings jenseits von Gut und Böse - ein Kette kostet etwa 5000.- DM.
Am Eingang des Sommerpalastes sind die Händler besonders lästig. Innen erwartet uns eine herrliche parkähnliche Landschaft, die mit vielen Pavillons und Gebäuden im Tempelstil durchsetzt ist. Ein großer See wird zum Rudern genutzt. Einige größere Schiffe befördern Fahrgäste ans andere Ufer. Als wir die Anlage verlassen, müssen wir durch ein altes Viertel zum Bus zurück gehen. Das sieht im Gegensatz zu dem modernen Zentrum schlimm aus. An vielen Stellen wird jedoch gebaut und ganze Viertel solcher Bruchbuden müssen Neubauten weichen. Das wird aber noch ein langer Weg sein. Gleichzeitig werden 6-spurige Schneisen durch diese Gebiete geschlagen, um den ständig wachsenden Verkehr der Metropole aufzunehmen.
Thema Straßenverkehr: gewisse Grundregeln werden zwar befolgt, aber im allgemeinen herrscht das Gesetz des Größeren. Auf Grund der defensiven Fahrweise passiert jedoch sehr wenig. Bevor wir ins Hotel gehen, holen wir vom Bäcker um die Ecke noch ein paar leckere Sachen für das Kaffeetrinken. Im Gegensatz zu den Fleischern brauchen die Bäcker einen Vergleich mit Europa nicht zu scheuen. Es sieht alles sehr lecker aus, was da angeboten wird und es schmeckt auch so. Trotz das heute Sonntag ist, haben alle Geschäfte bis 21:00 geöffnet.
19:00 holt uns der Bus zur "Peking-Oper" ab. Dort geht es sehr locker zu. Unmittelbar vor der Bühne stehen Tische, an denen Speisen und Getränke serviert werden. Während der Vorstellung blitzen laufend Fotoapparate. Es ist aber ausdrücklich erlaubt. Ein großer Teil des Publikums sind Ausländer und zu deren Verständnis wird der gesungene Text auf einer elektronischen Anzeigetafel neben der Bühne in englisch übersetzt.
Die Heimfahrt durch das nächtliche Peking ist ein besonderes Erlebnis. Die Straßen und besondere Gebäude sind mit imponierenden Lichterketten geschmückt und die hell erleuchteten Schaufenster geben ein prächtiges Bild. Strom scheint hier sehr billig zu sein.

Peking, 3. Tag

07.05.01
Heute steht der Besuch der Großen Mauer auf dem Programm. Das Stück, welches wir besichtigen, befindet sich 90 km nördlich von Peking bei Bar Liang und diente dem Schutz der Hauptstadt. Die eigentliche Mauer an der Landesgrenze ist viel weiter entfernt. Über mautpflichtige Autobahnen gelangen wir nach zwei Stunden dorthin. Die 8 m hohe Mauer ist aus großen Steinquadern zusammengefügt und zieht sich über Berg und Tal, nur ab und zu mal von einem Wachturm unterbrochen. Auf der Mauerkrone kann man entlanggehen, aber viele Abschnitte sind so steil, dass sie nur mit Stufen zu bewältigen sind. Manchmal ist die Steigung größer als 45°. Dann sind als Geländer Ketten gespannt. Nachdem wir ein kurzes Stück hinaufgekraxelt sind, können wir die Qual erahnen, die der Bau gekostet hat. Es sollen sehr viele Menschen dabei umgekommen sein. Am Parkplatz hat sich eine Reihe von Händlern mit kleinen Buden voller Souvenirs etabliert. Es ist ein sogenannter "Hallo-Markt". Weil die Verkäufer nicht aus den Buden heraus dürfen, rufen sie immer "Hallo", um die Besucher anzulocken. Hier gelingt es Gudrun, einen kleinen Kuschel-Panda zu erstehen, den sie in Peking vergeblich gesucht hat.
Nach 3 Stunden treten wir den Rückweg an. Auf halber Strecke liegt ein sogenannter "Freundschaftsladen". In diesen Läden kann auch mit konvertierbarer Währung bezahlt werden. Er besteht aus einer großen Halle, in der Souvenirs und andere heimische Erzeugnisse angeboten werden. Man bekommt vom billigen Plunder bis zum teuren Jadekunstwerk fast alles. Die Preise scheinen uns allerdings etwas hoch zu sein. Um die Leute anzulocken, ist in den Gebäudekomplex ein gutes Restaurant integriert, welches wir gleich zum Mittagessen nutzen.
Die anschließende Weiterfahrt bringt uns in das Tal der Ming-Gräber. In dieser Gegend befinden sich mehrere Grabstätten von Herrschern der Ming-Dynastie. Von ihnen ist zwar der Standort bekannt, aber die meisten sind noch nicht geöffnet, weil die Historiker befürchten, dass die zu findenden Artefakte die Berührung mit der Außenwelt nicht überstehen. Erst wenn ein sicheres Verfahren zur Konservierung gefunden ist, sollen die Ausgrabungen fortgesetzt werden. Wie gut das ist, sehen wir an dem Grab, welches wir besichtigen. In der bereits vor vielen Jahren geöffneten Grabstätte wurden die Fundstücke während der Kulturrevolution zerstört. Nur die monumentalen Bauwerke sind noch geblieben. Zum Glück sind diese Zeiten vorbei. Jetzt wird viel getan, um die historische Stätten zu erhalten und zu erforschen.
Auf der Rückfahrt nach Peking halten wir an einer Klinik für traditionelle chinesische Medizin. Dort hält ein Arzt einen Vortrag über das Wesen dieser Heilkunst. Die Diagnose wird durch Handauflegen und in die Augen Schauen gestellt. Die Medikamente sind meist Pulver aus Pflanzen und als Heilmittel dienen bestimmte Massagetechniken. Ein Nierenleiden wird zum Beispiel durch sanften Druck auf eine Stelle der Fußsohle behandelt. Auch die Akupunktur spielt eine große Rolle. Wer will, kann sich gleich gegen Bezahlung behandeln lassen oder "wirksame" Arzneimittel kaufen. Manchmal komme ich mir hier vor, wie auf einer Verkaufsfahrt.
Am Abend fahren wir dann zum Bankett. Es findet in einem Restaurant statt, das zu den 3 Lokalen auf der Welt gehört, die Peking-Ente nach Original-Rezept zubereiten, wie uns der Reiseleiter versichert. Die Ente schmeckt zwar ganz lecker, aber die anderen Dinge sind auch nicht schlecht. Die anschließende Heimfahrt durch das Lichtermeer der nächtlichen Hauptstadt ist wieder ein Erlebnis.
Bilder zum Text
 


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