Xian, 1. Tag
08.05.01
Heute müssen wir bereits um 5:00 aufstehen. Durch Zufall werde
ich genau zur richtigen Zeit munter. Was jedoch ausbleibt, ist der
Weckruf der Reception. 15 min später klingeln die Kofferträger
und wollen unser Gepäck abholen. Die Koffer sehen wir dann erst
in Xian wieder. Frühstück gibt es für so frühe
Gäste in einem Extra-Raum. Aber es ist alles da, wie sonst auch.
Dann auschecken und mit dem Bus zum Inlands-Airport. Dort überreicht
uns Herr Li die Flugtickets und bringt uns noch bis zum Sicherheitsschalter.
Dann sind wir uns selbst überlassen. Doch als Gruppe von 23 erfahrenen
Weltreisenden kann uns fast nichts aus der Bahn werfen. Der moderne
Flughafen ist auch sehr übersichtlich und alles ist gut zu finden.
Alle Anzeigen und Ansagen kommen außer chinesisch auch noch
in englisch. Kurz nach 7:30 werden wir mit einem Bus zu einer Boeing
737-400 der Xinhua Airlines gefahren und 8:05 heben wir ab. Bei schönem
Wetter und guter Betreuung vergeht die Zeit "wie im Fluge"
und 8:50 setzen wir in Xian wieder auf.
Am Ausgang erwartet uns schon unser neuer Reiseleiter, der Herr Jang
von der örtlichen Travel-Agentur CTS. Auch er ist sehr nett und
spricht hervorragend Deutsch. Nachdem unsere Koffer in einem LKW verstaut
sind. steigen wir in den für uns reservierten Bus und fahren
die 80 km in Richtung Stadt. Es ist ein ländliches Gebiet mit
Gemüse-, Obst- und Getreideanbau. Diese Gegend hat eine sehr
lange Vergangenheit. In der Umgebung der Stadt befinden sich 14 Königsgräber,
weil Xian früher die Hauptstadt war. Weil wir ohnehin nicht gleich
an unsere Koffer kommen, beschließen wir, das Besichtigungsprogramm
sofort zu beginnen und erst anschließend ins Hotel zu fahren.
Zuerst besuchen wir das Kloster "Wildgans-Pagode", welches
jetzt wieder von Mönchen bewohnt wird. Die Pagode steht etwas
schief, wie der Turm von Pisa. Das weitere Absenken ist durch Stützmaßnahmen
gestoppt. In diesem Gebäude befindet sich die Bibliothek des
Klosters. Es macht einen gepflegten Eindruck und die Mönche
gehen ihrer Beschäftigung nach, ohne sich von den Besuchern
stören zu lassen. Alles wird hier ruhig und gelassen getan.
Zum Mittagessen fahren wir zu einem mongolischen Restaurant. Der Gastraum
hat die Form einer Jurte und die Innenwände sind mit Stoffbahnen
bespannt. Die jungen Kellnerinnen sind in traditionelle Kostüme
gekleidet. Das Essen hat große Ähnlichkeit mit der chinesischen
Küche, nur dass mehr Hammelfleich verwendet wird. Zum Abschluss
bieten die Angestellten noch eine Gesangseinlage mit mongolischer
Folklore dar.
Dann statten wir dem historischen Museum einen Besuch ab. Es verfügt
über eine einzigartige Sammlung von beschrifteten Steintafeln,
den Stelen. In die schwarze, geschliffene Oberfläche wurden die
Zeichen eingemeißelt. Die wichtigsten enthalten originale Dokumente
von Konfuzius, der hier zeitweise gelebt hat. Diese Aufbewahrungsart
der wertvollen Dokumente ist absolut feuersicher. Davon werden zur
Vervielfältigung auf Seidenpapier Abdrücke angefertigt.
Allerdings haben selbst gebildete Chinesen mit der alten Schrift ihre
Probleme. Weiterhin kann man eine Skulpturen-Sammlung und eine Kalligraphie-Ausstellung
besichtigen.
Da Xian an der Seidenstraße liegt, hat dieses Gewerbe hier eine
große Tradition. Wir besichtigen eine Seidenmanufaktur, in der
Tücher, Stickereien und Teppiche angefertigt werden. Die Teppiche
werden aus Seide mit bis zu 500 Knoten pro Square-Inch geknüpft.
An manchen dieser Prachtstücke arbeitet eine Frau bis zu einem
Jahr. Ein Preis von 20.000.- DM ist dann sicher auch gerechtfertigt.
Dann begeben wir uns zu unserem Hotel, das "Grand New World".
Es hat ein riesiges Foyer, welches über 3 Etagen reicht. Die
Zimmer haben den üblichen gehobenen Standard der 5-Sterne-Klasse.
Nach einer kurzen Erholungspause unternehmen wir auf eigene Faust
einen Bummel in die Umgebung. In der Seitenstraße am Hotel befindet
sich ein Altbauviertel. Das einzige reguläre Geschäft, wie
wir es kennen, ist ein kleiner Lebensmittel-Laden. Sonst besteht die
ganze Frontseite aus einer Art Reihengaragen. In jeder bietet ein
Handwerker seine Dienstleistungen an: Schneider, Schuster, Elektriker,
Klempner usw. Alles ist sehr preiswert für unsere Verhältnisse.
Abends entspannen wir unsere müden Füße in der Schwimmhalle
des Hotels.
Xian, 2. Tag
09.05.01
Nach dem Frühstück tauschen wir noch mal 100.- DM um. Der
Kurs ist geringfügig gefallen. Heute bekommen wir nur 367.-Yüan
dafür. Unser Bus steht schon vor der Tür und es geht zuerst
nur ein kurzes Stück bis zum südlichen Tor der Stadtmauer.
Diese Mauer ist 600 Jahre alt und sehr gut erhalten. Durchschnittlich
ist sie 12 m hoch und an der Krone 14 m breit. Ein ehemaliger Wachturm
bietet eine gute Aussicht auf die Umgebung. Zur Zeit befindet sich
oben auf der Mauer gerade eine Drachenausstellung, welche das Bild
sehr bunt macht.
Nachdem wir fast eine Stunde alles inspiziert haben, machen wir uns
auf den Weg zur Terrakotta-Armee. Es dauert eine Weile, bis wir aus
der Stadt heraus sind, weil es durch die vielen Straßenbaustellen
überall Staus gibt. Doch dann haben wir wieder gebührenpflichtige
Autobahnen und es geht zwischen Gemüse- und Getreidefeldern flott
voran.
Vom Parkplatz zum Ausgrabungsgelände muss man wieder an einer
Schar lästiger Händler vorbei. Zum Glück dürfen
sie nicht ins Ausstellungsgelände, so dass es dort schön
ruhig ist. Die Ausgrabungsstätten sind mit 4 großen Hallen
überdacht. Da ist von den 29° C draußen nichts zu spüren.
Die 2000 Jahre alten Schätze wurden 1979 zufällig von Bauern
beim Graben eines Brunnens entdeckt. Es ist eine ganze Armee von 6000
überlebensgroßen Tonfiguren, die das Grab eines Kaisers
schützen sollten. Sie stehen in Marschformation in Reih und Glied
in Gräben. Jedes Gesicht ist individuell geformt. An einer anderen
Stelle ist der Stab von Offizieren und Generälen zu sehen. Die
Gräben waren früher mit Bohlen überdacht und mit mehreren
Metern Erde zugedeckt. Weil die Bohlen verfault sind und alles eingestürzt
ist, sind viele der Figuren zerbrochen. Sie werden mühsam wieder
restauriert.
An vielen Stellen sind die Archäologen noch bei der Arbeit, denn
es ist noch längst nicht alles ausgegraben. In der letztem Halle
wird die bronzene Kopie des vierspännigen Wohnwagens eines Kaisers
in halber Originalgröße gezeigt. Dieses Ausstellungsstück
ist von der UNESCO zum Weltkulturerbe deklariert worden. Es stammt
jedoch aus einer anderen Ausgrabung der näheren Umgebung.
Nachdem wir 3 Stunden diese Schätze bewundert haben, essen wir
in einem Restaurant in der Nähe zu Mittag. Auch diesmal sind
die Speisen wieder hervorragend und das Personal ist sehr freundlich.
Auf dem Heimweg halten wir noch mal an einem historischen Thermalbad
an. Dort haben sich in der Vergangenheit mehrere Kaiser mit ihren
Konkubinen vergnügt. Die einzelnen Pavillons sind in gepflegter
Umgebung in die Natur eingepasst. Man kann noch die Becken sehen,
in denen es sich die hohen Herrschaften gut gehen ließen.
Dann geht es zurück durch den Feierabendstau der engen Straßen
der Altstadt von Xian. Dort gibt es für Staat und Regierung in
den nächsten Jahren noch viel zu tun, um allen menschenwürdige
Wohnverhältnisse zu bieten.
Nach 2 Stunden Erholungspause fahren wir nochmal los zum gemeinsamen
Abendessen in die Stadt. Hier gibt es die Spezialität des Hauses:
Maultaschen. Das sind Teigtaschen ähnlich den Tortellinis, aber
kunstvoll gestaltet und mit verschiedenen Inhalten versehen. Sie werden
nicht gekocht, sondern in Holzkörben gedämpft. Das Essen
schmeckt sehr gut und auch die Bedienung ist hervorragend. Bis vor
kurzen war dieses Lokal nur für hohe Behördenangestellte
geöffnet.
Xian, 3. Tag und Weiterreise
10.05.01
Nach dem Aufstehen müssen wir wieder Koffer packen, denn heute
Nachmittag fliegen wir weiter nach Chongqing. Der Vormittag ist eigentlich
zur freien Verfügung, aber Herr Jang organisiert für uns
auf Wunsch ein Besuchsprogramm. Zuerst gehen wir in das historische
Museum der Stadt. Dort sind 6000 Jahre Entwicklung zu sehen. 24 Dynastien,
davon 12 in Xian als Hauptstadt, haben das Land geprägt. Dann
essen wir im vornehmen City-Hotel zu Mittag.
Anschließend fahren wir zur kleinen Wildgans-Pagode. Sie befindet
sich inmitten einer schönen Parkanlage. Eine 2 m hohe Glocke
darf von den Besuchern gegen geringes Entgeld geläutet werden.
An anderer Stelle hat ein Kong Fu Meister sein Domizil. Mit Schwertern,
Hellebarden und anderen gefährlichen Geräten macht er seine
Vorführungen.
Nach den vielen Eindrücken vergeht die Fahrt zum Flughafen schnell.
Herr Jang verabschiedet sich von uns und 17:00 ist der Abflug nach
Chongqing. Wir fliegen mit einem Airbus A320 (sehr neu). Überhaupt
stellen wir fest, dass die inländischen Fluglinien einen hohen
Standard aufweisen. Die Landung erfolgt etwa eine Stunde später.
Der Empfang von örtlichen Reiseleiter klappt wieder bestens,
wie auch die Fahrt in einem modernen Bus mitten in das Stadtzentrum,
wo wir im Habour Plaza in der 17. von 32 Etagen einchecken. Wir haben
wieder ein Superzimmer. Vor dem Schlafengehen machen wir noch einen
kleinen Bummel durch die nächtliche, hellerleuchtete Fußgängerzone.